Mallorca war nicht immer eine Hochburg für europäische Pauschalurlauber. In den 1980er Jahren war es nichts als eine kleine Insel, auf der die Menschen sich recht und schlecht durchschlugen, ohne viele Möglichkeiten zu haben, aus ihrem Leben etwas zu machen. Im Barrio Chino, dem Chinesenviertel der Hauptstadt, trafen sich die Jugendlichen – die Möglichkeiten ringsum von Wasser begrenzt. Einer von ihnen war Gabi Beltrán. Seine Erinnerungen sind in den Geschichten dieses Albums versammelt.
Gabi ist mitten in der Pubertät. Irgendwie, schreibt er, war mir bewusst, dass manche Türen als Eingang dienten, nicht aber als Ausgang. Er hängt mit Freunden ab, kifft, frönt dem Wodka und lässt sich auch mal von Älteren zum Schmierestehen bei einem kleinen Überfall oder zu einer Spritzfahrt in einem geklauten Cabrio überreden. Was nicht immer gut ausgeht. Sein Vater ist Alkoholiker, manche Mütter seiner Freunde gehen auf den Strich – weshalb er seinen ersten Bordellbesuch so planen muss, dass er von denen nicht erwischt wird.
Es sind Alltagsgeschichten von Mitgliedern einer Jugendclique, die ohne große Hoffnung auf ein besseres Leben ihren Träumen nachhängen, typische Coming of Age-Geschichten, die Bartolomé Seguí in feine, ausdrucksstarke Bilder packt, in denen vor allem die Gesichter und die Stadtansichten faszinieren – von der Atmosphäre her vielleicht vergleichbar mit Larcenets Comic Der alltägliche Kampf. Ein starkes Album – abwechslungsreich, unterhaltsam, spannend und voller Leben – und mit dem Premi Ciutat de Palma de Còmic ausgezeichnet.
Geschichten aus dem Viertel
von Bartolomé Seguí, Gabi Beltrán:
Avant
Softcover, 152 Seiten, 19.95 EUR
Geschichten aus dem Viertel – Leseprobe [PDF/2MB]
Dieser Lesetipp wurde erstellt von Comickunst–dem Weblog mit aktuellen Rezensionen anspruchsvoller Graphic Novels für Erwachsene: http://comickunst.wordpress.com/.