Der Narwal ist ein Zahnwal. Die grauweißen Säugetiere werden bis zu fünf Meter lang und werden nach Schätzungen bis zu 115 Jahre alt. Wenn nichts dazwischen kommt, denn der Narwal ist vom Aussterben bedroht. Sein größter Feind ist die Menschheit, die ihren ganzen Dreck ins Wasser kippt und für Erwärmung des Planeten sorgt, was die Lebensräume nördlich des Polarkreises für die Tiere verändert. Die Jagd auf und der Handel mit Narwalen ist heute weitesgehend untersagt.
Besonderes Merkmal des Wales ist ein gedrehter Stoßzahn. Dieser wurde im Mittelalter als Einhorn-Elfenbein gehandelt. Wie jeder Fantasy-Leser weiß, sagt man dem Horn der Einhörner Zauber- und vor allem Heilkräfte nach.
Der Begriff Narwal leitet sich vermutlich von dem norwegischen Wort "Nar" für Leiche ab, da die graue Haut des Narwales der Farbe einer Leiche ähnelt.
Einer wandelnden Leiche nicht ganz unähnlich ist der Protagonist des gleichnamigen Comics "Der Narwal". Einige von Euch werden ihn schon vom Gratis Comic Tag kennen.
Robert Narwal ist der härteste Taucher der Welt. Er ist ein Extremsportler und Lebenskünstler, und schlittert von einer lebensbedrohlichen Situation in die nächste – und das sieht man dem Protagonisten auch an. Er taucht dabei in Meeren, in Brunnen in der Wüste oder unter dem Eis. Wir als Leser tauchen dabei in zehn kurzen, knackig-pointierten Episoden quer durch die Popkultur moderner Erzählungen. Konfrontiert mit Betrügern, Terroristen und nicht zuletzt mit seinem Vater Napoleon (!) Narwal, der eher eine Bossfigur als ein guter Dad ist.
Das erzählerische Repertoire der Geschichten reicht dabei von dramatischer Geiselnahme über Abenteuerkrimi hin zur Mystery-Erzählung. Gewürzt sind die Geschichten mit einer Prise Zynismus und mit wunderbaren poetisch-philosophischen Kommentaren aus dem Off, wie man sie beispielsweise aus Noir-Filmen oder manchen Detektivgeschichten kennt.
Zeichnerisch ist diese Geschichtensammlung mehr als perfekt umgesetzt: in einer Kreuzung aus Mike Mignolas Artwork (oder um den Bogen noch weiter zu spannen: aus Hugo Pratts Stil) und einem franko-belgischen Semi-Funny aus der Ecke Warnant/Conrad/Léturgie. Funny ist im Narwal aber nur wenig, und für Kinder unter 12 ist der Comic nicht geeignet.
Der Narwal
Olivier Supiot, Boris Beuzelin
Carlsen
Hardcover, farbig, 96 Seiten, 19.95 EUR