Der Comictipp des Monats September von Peter Hetzler.
Im Jahr 1984 reist der Schriftsteller Edgar Saint Preux von Paris an die bretonische Küste, um in Ruhe ein Buch zu schreiben. Er steigt in einem Gasthaus ab, das zu Recht den Namen ?Herberge am Ende der Welt“ trägt, denn rundum gibt es nichts und niemanden zwischen den regenumtosten Klippen der rauen Küste. Eine düstere Atmosphäre, in der der Herbergswirt – ein kranker alter Mann – ihm ein Zimmer zuweist, bevor er sich wieder hustend und fiebernd ins Bett zurückzieht.
Doch schnell wird klar, dass der Autor und der Wirt nicht die einzigen Lebewesen in diesem seltsamen Haus sind. Auf dem Weg in die Küche begegnet der Schriftsteller einem Tier, das er zunächst für eine Ratte hält, das aber keine Ratte ist. Und ein Tier ist es offenbar auch nicht. Und es ist nicht alleine. Rund ein Dutzend dieser dunklen Wesen fieseln wie Schatten durchs Gebälk. Und dann beginnt ihm der Wirt zwischen heftigen Hustenanfällen eine Geschichte zu erzählen, die ebenso düster wie poetisch klingt.
Bereits mit Canoe Bay hatten Prugne und Oger ein wunderhübsches Album abgeliefert. Und auch in diesem neuen Band sind die Aquarelle von Prugne eine wahre Augenweide. Wie er Häuser, Dorfausschnitte und Landschaften malt, das ist wirklich großartig. Mit seinen Bildern zieht er den Leser immer tiefer in eine Geschichte, die spannend komponiert und mit einem überraschenden Schluss ausgestattet ist. Im Gegensatz zu Canoe Bay hat Splitter diesen Comic nicht in Alben-, sondern im Book-Format publiziert, was ihn zu einem ebenso handlichen wie unterhaltsamen Schmöker macht, der sowohl erzählerisch wie zeichnerisch zu überzeugen weiß. Schaurig schön im wahrsten Sinne des Wortes.
Patrick Prugne, Tiburce Oger: Die Herberge am Ende der Welt
Splitter-Verlag, Hardcover, 144 Seiten, 19,80 Euro
Der Comic des Monats wird präsentiert von Comickunst–dem Weblog mit aktuellen Rezensionen anspruchsvoller Graphic Novels für Erwachsene: http://comickunst.wordpress.com/.