Der gerade erschienene Band "Lucky Luke gegen Pinkerton" zeigt, wie man einen Klassiker vortrefflich fortsetzt.
Wenn klassische Serien durch neue Künstler fortgesetzt werden, oder wenn einzelne Künstler wegfallen, ist das immer so eine Sache. Wie z.B. im Fall von "Asterix", wo die Serie nach dem Tod des Autors Goscinny zwar trotz leichten Abfalls anfangs noch recht gut war, dann aber zielstrebig den Tiefpunkt anstrebte und diesen dann mit "Gallien in Gefahr" erreichte.
Bei "Tim und Struppi" hat die Hergé Foundation da einen Riegel vorgeschoben: die Serie wird nicht fortgesetzt, sondern praktisch konserviert. Dafür wird der Bestand, eine zweifellos großartige Serie und ein Stück Comicgeschichte, umso mehr in Buch- und Merchandiseform vermarktet. Damit schließen die Erben Hergés natürlich das Risiko einer schlechten Fortsetzung aus, gleichzeitig verbaut man sich aber die Chance einer gelungenen Weiterführung.
Anders verhält es sich bei zwei anderen Serien, die ebenso wie "Asterix" und "Tim und Struppi" zu den Eckpfeilern des franko-belgischen Comics gehören. Das ist zum einen "Spirou". Dieser Serie wurde vor allem mit den neuen Alben der "Spezial" Reihe, besonders zu empfehlen wären hier die beiden Rückblenden in die Jugend Spirous, die Retro-Screwball-Komödie "Panik im Atlantik" von Lewis Trondheim aber auch durch das derzeitige Team der regulären Reihe (Vehlmann und Yoann) neuer Schwung verliehen.
Die zweite geglückte Weiterführung eines Klassikers ist die Fortsetzung Lucky Lukes, dessen neuer Band "Lucky Luke gegen Pinkerton" der Anlass zu diesem Artikel ist. Dieser Band hat mich doch extrem positiv überrascht. Lucky Luke gerät in diesem Abenteuer in den Schatten des Detektivs Pinkerton, und wird daraufhin in Rente geschickt. Pinkerton baut anschließend mit Wohlwollen Abraham Lincolns die größte Detektei der USA auf, die noch so kleinste Delikte ahndet. Mit Datenschutz nimmt man es da nicht so genau. Und so quillen bald die Gefängnisse über. Dies wiederum führt dazu, das die anfangs von Pinkerton gefassten Daltons wegen Überfüllung des Gefängnisses begnadigt werden und sogleich den Plan schmieden, sich an Pinkerton zu rächen.
Der Band wartet mit allerlei Running Gags der Serie auf. Mit dabei sind natürlich die wichtigen Figuren wie Jolly Jumper, Rantanplan, die Daltons aber auch Elliot Ness hat einen Gastauftritt. Die Thematik Datenschutz bietet einen kleinen zeitgenössischen Bezug, erfreulicherweise wird dieses Thema aber gut in die Westernstory verpackt und kommt nicht zu modern daher.
Der Band versucht nicht, die Serie zu revolutionieren, vielmehr wird sehr respektvoll mit dem Erbe Morris umgegangen. Die Figuren tun das, was Lucky Luke Fans erwarten. Joe bekommt cholerische Ausbrüche, Averell denkt ständig ans Essen, Rantanplan ist irgendwie immer noch liebenswert blöd, und Luke schießt wie in alten Tagen schneller als sein Schatten. Auch etwas subtilerer Humor findet seinen Platz in dem Album, beispielsweise gibt es dort einige Szenen in denen geraucht wird.
Morris hatte Lucky Luke 1983 das Rauchen abgewöhnt, und dafür einen Preis der UN-Weltgesundheitsorganisation erhalten. Später hatte Luke dann statt Zigarette den berüchtigten Grashalm im Mund. Heute würde man das wohl übertriebene Political Correctness nennen. Links ein Ausschnitt des Covers meines persönlichen All-Time-Favorites "Die Daltons brechen aus" – damals noch in der Ausgabe des (c) Delta Verlages mit Zigarette.
Auch zeichnerisch nähert sich der Band stark an die alten Bände an, und orientiert sich stark an Morris, nicht ohne eine Prise frischen Windes mit einzubringen. Mit Zeichner Achdé, der bereits die Alben "Schikane in Quebec", "Die Daltons in der Schlinge" und "Der Mann aus Washington" zeichnete, hat man da m.E. einen würdigen Nachfolger gefunden. Insofern ist der Band vor allem eine Empfehlung für alle, die die alten Alben mögen, und davon einfach nicht genug bekommen können, aber keine Berührungsängste an den Werken neuer Zeichner und Autoren haben.
Lucky Luke gegen Pinkerton (Band 88)
Achdé, Daniel Pennac, Tonino Benacquista
Ehapa-Comic-Collection
Hardcover, 48 Seiten, 10,- EUR