Der Comickünstler Tonci Zonjic auf Deutschlandtour
Anlässlich des Comicfestivals in München und der Neuerscheinung des Hellboy-Sonderbandes Geschichten aus dem Hellboy-Universum II lädt der Cross Cult-Verlag den Comickünstler Tonci Zonjic nach Deutschland ein. Anzutreffen war der gebürtige Kroate auf dem Festival und ist nun auf Tour durch einige deutsche Städte. Dort wird in einigen Comicläden signiert und gezeichnet. Am Freitag ist der Künstler bei uns zu Gast.
Einen Einblick in das Artwork des Zeichners gibt seine Webseite http://www.to-zo.com/
Zonjic zeichnete in der Vergangenheit für Marvel, DC und Boom! Studios. Zwei seiner letzten Werke möchte hier vorstellen.
Who is Jake Ellis?
Mit "Who is Jake Ellis?" hat Zonjic zusammen mit Autor Nathan Edmondson einen Spionage-Thriller erschaffen, der am ehesten mit Filmen um den Agenten Jason Bourne zu vergleichen ist.
Die spannende Geschichte startet – ganz im Trend aktueller Produktionen – mittendrin. Der ehemalige CIA-Analyst Jon Moore ist auf der Flucht. Aber er ist nicht allein. Ihm zur Seite steht der mysteriöse Jake Ellis. Nur niemand weiß genau, wer eigentlich dieser Jake Ellis ist. Schnell stellt sich heraus, das Jake Ellis nur im Kopf des Agenten Jon Moore existiert – Ellis ist ein Hirngespinst, welches aber zunehmend eine eigene Dynamik, einen eigenen Geist entwickelt, und den Protagonisten durch allerlei brenzlige Situationen leitet. Jon Moore kommt im Laufe der Geschichte dem Geheimnis von Jake Ellis auf die Spur.
Who is Jake Ellis ist eine Geschichte, die genauso viele Fragen offen lässt wie sie beantwortet. Es ist ein Debüt der Protagonisten, aus dem eine epische Serie werden könnte, die sich vor angesagten Vertigo-Titeln nicht verstecken braucht, ganz im Gegenteil. Erzählerisch geht es rasant zur Sache: häufige Schauplatzwechsel führen die Protagonisten durch halb Europa. Zwischendurch nehmen sich Autor und Zeichner aber auch mal die Zeit kleine Details quasi in Zeitlupe in einzelne Panels aufzubrechen.
Zeichnerisch geht es fast europäisch zu. Es wäre zu weit gegriffen, den Zeichenstil als Ligne Claire zu bezeichnen, aber Einflüsse sind deutlich sichtbar. Die Outlines sind klar, die Panels flächig koloriert, die Zeichnungen insgesamt eher reduziert. Alles wirkt sehr rund und souverän, sowohl erzählerisch als auch zeichnerisch. Dem Künstlerteam gelingt ein geheimnisvolles Stück Genre-Literatur, das auch erfreulicherweise nie den Blick für die Figuren verliert, und am Ende ein dringendes Verlangen nach Band 2 hinterlässt.
Erschienen ist der erste Zyklus der Serie bei Image Comics in Heften, die mittlerweile auch in einem Tradepaperback gesammelt und abgedruckt wurden. Ein Folgeband mit dem Namen "Where is Jake Ellis?" erscheint gerade als Heftserie. Deutsche Ausgaben der Serie gibt es noch nicht.
Who is Jake Ellis
Nathan Edmondson, Tonci Zonjic
Image Comics
Softcover, 136 Seiten, farbig
Lobster Johnson: Die brennende Hand
Die Comics des Hellboy-Universums gehören zu meiner persönlichen Lieblingslektüre. Das liegt zum einen an dem expressionistischen Artwork von Mike Mignola, an den filigranen Zeichnungen von Duncan Fegredo späterer Hellboy-Bände, an den Lovecraft'schen Einflüssen, an der Prise Steampunk, an sympathischen Charakteren, die einem ans Herz wachsen. Charaktere, die keine richtigen Superhelden sind, sondern eher in Situationen hinein schlittern, und sich rauswinden müssen. All das, was eine gute Horror-Soap so ausmacht. Was mich daran ebenfalls sehr begeistert ist der Fakt, das seit 20 Jahren Hellboy & Co. keine erzählerische Redundanz entstanden ist, wie man sie aus anderen amerikanischen Superheldencomics kennt. Jede Geschichte ist eine Puzzleteil, zusammengesetzt ergeben diese ein episches Werk in außergewöhnlicher erzählerischer Qualität.
Verschiedene Spin-Offs zu Hellboy und B.P.R.D. (dt. B.U.A.P., die Behörde, für die Hellboy anfangs arbeitet, und die nach seiner Kündigung eine eigen Serie bekam) sind in den letzten Jahren entstanden. Einige davon stehen auch etwas außerhalb der beiden großen Reihen, und funktionieren auch sehr gut für sich alleine. Cruss Cult bringt diese Geschichten in 600 Seiten zählenden, limitierten Sonderbänden. Der zweite Sonderband "Geschichten aus dem Hellboy-Universum" ist nun gerade zum Comicfestival in München erschienen.
Darin enthalten ist nun die Geschichte "Die brennende Hand" ("The Burning Hand") mit Lobster Johnson. Der Lobster ist ein Kämpfer für die Gerechtigkeit und agiert in den 1930er Jahren u.a. in New York, und basiert auf einem gleichnamigen Helden aus Groschenromanen der 40er Jahre.
Ähnlich wie das Phantom von Lee Falk (eben jener hatte den berüchtigten Totenkopfring, mit dem die Schurken markiert wurden) markiert der Lobster seine Gegenspieler nach abgeschlossener Arbeit mit seinem Markenzeichen – einem Symbol in Form einer Hummer-Schere.
Lobster Johnson, das ist eine Mischung aus Noir und phantastischem Pulp. Der Band arbeitet mit allen Klischees und popkulturellen Referenzen, die das Genre liebenswert und ausmachen. In der aktuellen Geschichte "The Burning Hand" gibt es einen geheimnisvollen Helden vs. ein Team von Bösewichten, bestehend aus skrupellosem Geschäftsmann, unergründlichem Fiesling (ein wunderbarer Badass-Charakter, der aus einem Hitchcock-Film stammen könnte), und einem übernatürlichen Gegenspieler, der Lobster Johnson und sein Team auf einen harte Probe stellt. Und natürlich gibt es schöne (und smarte) Frauen – sowohl auf der Seite der Guten, als auch der Seite der Bösewichte.
Dem Band gelingt es, diesen Spirit, dieses Gefühl zu erzeugen, das viele von uns aus dem Genuß alter Filme kennen werden. Zum einen wird die Zeit wunderbar eingefangen. Und nachdem der erste Band der Reihe "The Iron Prometheus" (erschienen im bereits vergriffenen ersten Hellboysammelband) eher eine Hau-Drauf-Geschichte war, überzeugt der Band "Die brennende Hand" auch seitens der Geschichte mit Suspense in einem modernen Erzählrythmus, die auch immer die richtige Balance zwischen Action, expliziter Darstellung und ruhigen Erzählstrecken findet. Zudem funktioniert der Band auch einzelnstehend für sich, und kann auch ohne Kenntnisse des Hellboy-Universums genossen werden.
Neben Lobster Johnson: Die brennende Hand enthält der neue Hellboy-Sammelband die Geschichten
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Hellboy: Haus der lebenden Toten (Zeichner: Richard Corben)
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B.U.A.P.: Menschsein (Corben, Davis, Owens, Chen)
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B.U.A.P.: Krieg den Fröschen (Trimpe, Aeverin, Davis, Snejbjerg, Moline)
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Abe Sapein: Mit dem Teufel ist nicht zu spaßen (Reynolds,Snejbjerg, Harren)
sowie jede Menge, für CrossCult obligatorisches Bonusmaterial. Geschrieben wurden alle Geschichten von Mike Mignola und John Arcudi. Der mehrfach preisgekrönte Farbenmagier Dave Stewart sorgt mit seiner Palette für den visuell über alle Zeichenstile greifenen Faden und Zusammenhalt.
Geschichten aus dem Hellboy Universum 2
Cross Cult
Hardcover, 600 Seiten, farbig, limitiert auf 1222 Exemplare, 50 EUR
Lobster Johnson: The Burning Hand
von Mike Mignola, John Arcudi, Tonci Zonjic, Dave Stewart
Dark Horse Comics
Softcover, 144 Seiten, farbig