Alois Nebel – jetzt im Kino

Die im Rotoskopie-Verfahren produzierte Verfilmung der gleichnamigen tschechischen Graphic Novel (wir berichteten hier im Blog) läuft ab morgen in den Kinos an.

Zum Film

Tschechien / Deutschland 2011, 84 min., Regie: Tomáš Luňák, mit: Miroslav Krobot, Marie Ludvíková, Leoš Noha, Karel Roden, Alois Švehlík, David Švehlík, Ondřej Maly, Ivan Trojan
Der Film, der nach dem gleichnamigen Comic von Jaroslav Rudiš entstand, führt zunächst ins Altvatergebirge des Jahres 1989 – und dann immer weiter zurück in die mitteleuropäische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Herbst 1989. Alois Nebel ist Fahrdienstleiter an einem kleinen Bahnhof in Bílý Potok, einem abgelegenen Ort an der tschechoslowakisch-polnischen Grenze, dem früheren Sudetenland. Das einzige Hobby des Einzelgängers ist das Sammeln alter Fahrpläne. Manchmal senkt sich ein Nebel herunter und Alois halluziniert.  Er sieht Züge mit Geistern und Schatten aus der Vergangenheit: den Zweiten Weltkrieg, die Vertreibung der Deutschen, die sowjetische Besatzung. Alois Nebel wird diese Alpträume nicht los und endet schließlich in einer Nervenheilanstalt. Dort lernt er „den Stummen” kennen, der beim Versuch, die Grenze zu überqueren, verhaftet wurde. Er wird zum unfreiwilligen Auslöser für Alois’ Entschluss, den Kampf gegen die nächtlichen Dämonen aufzunehmen.

– Pressetext Moviemento

Von Zeichner Jaromír 99 ist ürbigens gerade ein weiteres Buch erschienen: Das Schloss (nach Kafka), Knesebeck.

STALAG IIB (Update)

STALAG IIB Tardi Comic Graphic NovelDer neue Tardi ist vor einigen Tagen eingetroffen.  Darin erzählt Tardi, der bereits mehrere hervorragende Comics über den Ersten Weltkrieg geschaffen hat ("Grabenkrieg", "Elender Krieg"), die Geschichte seinen Vaters während der Kriegsgefangenschaft im Zweiten Weltkrieg.

Dazu entstand Ende letzten Jahres nach Erscheinen des französischen Originals folgende kleine Reportage (ausgestrahlt bei Arte, weitere kleine Filme über Tardi sind dort zu finden):

Eine treffende Rezension über das neue Buch erschien Anfang Oktober In der Printausgabe des Tagesspiegels. Den Link reiche ich nach, sobald die Rezension auf dem Blog des Tagesspiegels verfügbar ist.

Update: Die Rezension ist nun verfügbar. Behandelt wird darin auch der Band "Auf den Spuren Rogers":
Das Leid der Väter

Leseprobe bei Edition Moderne

Ich René Tardi, Kriegsgefangener im STALAG IIB
von Jacques Tardi
Edition Moderne
Hardcover, 200 Seiten, 35 EUR
 

Tatort Tahiti 1914

Während der Zweite Weltkrieg in den verschiedenen Medien nahezu umfassend behandelt wird, gibt es für den im Schatten seines Nachfolgers stehenden Ersten Weltkrieg viel weniger mediale Aufmerksamkeit. Eine Ausnahme im Comic bilden da beispielsweise einige preisgekrönte Werke des französischen Künstlers Tardi ("Der Grabenkrieg", "Elender Krieg 1914-1915-1916", "Elender Krieg 1917-1918-1919", erschienen bei Edition Moderne), die den Krieg sehr realistisch darstellen.

Nun ist gerade der Abschlußband einer zweiteiligen Comicgeschichte erschienen, die sich einem eher unbekannten Zwischenfall, einem Nebenschauplatz des Ersten Weltkrieges widmet: Tatort Tahiti 1914

Tatort Tahiti 1914 Comic Cover Band 2

Cover des zweiten Bandes, Quelle: Splitter

Am 22. September 1914 wird die pazifische Insel Tahiti von den beiden deutsche Kreuzern Scharnhorst und Gneisenau angegriffen. Verteidigt wird die Insel von Maxime Destremau, der die wenigen Soldaten auf der Insel und das französische Schiff Zélée befehligt. Neben den historisch begründeten Teil der Geschichte enthält der Comic auch eine Kriminalgeschichte. Vor dem Hintergrund des Krieges werden zwei ermordete Tahitianerinnen gefunden. Kurz vor dem Angriff kommt zudem Simon Combaud auf die Insel, um ein 15 Jahre altes Verbrechen aufzuklären… Eine weitere Rolle spielt der französische Maler Octave Morillot.

Nun ist dieser Comic allerdings eigentlich keine raffiniert ausgeklügelte Kriminalgeschichte, und es ist ist auch kein konventioneller Antikriegscomic (und natürlich schon gar kein Kriegscomic). Die Stärke des Comics liegt woanders. Auch wenn der Vergleich gewaltig hinkt, so ist der Ansatz des Comics doch ein klein wenig ähnlich mit dem des Films "Der schmale Grat" (The Thin Red Line, 1998), in dem visuell und poetisch mit dem Kontrast zwischen Schönheit der Natur und der Gräuel des Krieges gespielt wird. Der Comic ist ein mehrschichtiges Gemälde Tahitis, einem Paradies, das von der westlichen Welt gestört wird. Da sind zum einen die Europäer, die es sich im Kolonialstil auf der Insel gemütlich gemacht haben, die die Freizügigkeit der Tahitianerinnen gerne beanspruchen, aber ansonsten der Insel eher ihre eigene Kultur überstülpen.

Tatort Tahiti 1914 Comic Paradies

Paradies. Beispielseite aus Band 1, Quelle: Leseprobe Splitter

Und zum anderen sind da mit den deutschen Kreuzern neue Eindringlinge. Einmal mehr wird die Sinnlosigkeit und die Unnatürlichkeit des Krieges vorgeführt, aber ohne dass da analysiert wird oder Motivationen zu erklären versucht werden. Der Comic geht dabei eher einen visuellen Weg und zeigt überwiegend schöne Bilder Tahitis  die dem Kriegsgeschehen etwas Mächtiges entgegensetzen. Er kontrastiert dabei den Krieg und die Verbrechen auf der Insel mit der Schönheit der paradiesisch anmutenden Insel. Das ist schon eher ungewöhnlich, erwarten würde man hier heutzutage wohl eher eine Geschichte mit überwiegend drastischer und expliziter Kriegsdarstellung. Aber gerade diese unerwartete Herangehensweise macht am Ende den Reiz des Comics aus.

Tatort Tahiti 1914 Comic Hölle

Krieg. Beispielseite aus Band 2, Quelle: Leseprobe Splitter

Dafür sorgen auch der tolle Zeichenstil von Sébastien Morice, der die Stimmung in klassischem Stil gekonnt einfängt, sowie die tagebuchähnlichen Einträge innerhalb der Geschichte. Es ist eben nur ein schmaler Grat zwischen Vernunft und Wahnsinn.

Abgerundet werden die Bände durch redaktionelles Material mit Fakten zu den wahren Begebenheiten und auch zu Entstehung des Comics, das man auch im Zusammenang mit der eigentlichen Geschichte lesen sollte.

Tatort Tahiti 1914
Buch 1: Roter Strand
Buch 2: Blauer Horizont

jeweils:
von Didier Quella-Guyot und Sébastien Morice
Splitter-Verlag
Hardcover, 72 (T.1) und 56 (T.2) Seiten, farbig, 14.80 EUR

Egon Schiele – Ein exzessives Leben

Egon SchieleEgon Schiele (1890 – 1918) gehörte zu den wichtigsten Malern der Wiener Moderne. Sein Mentor Gustav Klimt setzte sich immer wieder für den jungen Nachwuchskünstler ein, der für den konservativen Wiener Geschmack etwas zu freizügige Bilder malte. Sigmund Freud arbeitete zwar zur gleichen Zeit in der Kulturmetropole, aber die von ihm entwickelte Psychoanalyse steckte noch in den Kinderschuhen, und die Thematisierung von Sexualität galt weitgehend als Tabu. Gerade Aktbilder gehörten aber zu Schieles Lieblingsmotiven, und die Freizügigkeit, mit der er seine Modelle posieren ließ, ärgerte die Moralhüter der Akademie.

Um zu provozieren, wählte Schiele immer jüngere Modelle. Das brachte ihm nicht nur den Zorn von deren Vätern, sondern auch ein Strafverfahren wegen sexuellen Übergriffen an Minderjährigen ein. Es wurde wieder eingestellt. Schiele vergnügte sich zwar gerne mit Frauen, aber nicht mit Mädchen. Doch auch seine Geliebten sahen seinen lockeren Lebenswandel nicht gerne und verlangten, sich für eine von ihnen zu entscheiden. Im Hintergrund braute sich derweil der Erste Weltkrieg zusammen. Schiele wurde eingezogen.

Coste bringt die wechselhaften Jahre dieses kurzen Lebens in Zeichnungen zu Papier, die auf den ersten Blick unscheinbar und wenig prägnant wirken. Doch je mehr man sich in das Album einliest, umso mehr faszinieren Strich, Farbe und Perspektiven. Es sind großartige Seiten, die Coste abliefert. Seine Bilder passen sich dem Thema kongenial an und machen Lust, sich intensiv mit Schieles Arbeit zu beschäftigen. Eine der bisher besten Neuerscheinungen des Jahres.

Egon Schiele – Ein exzessives Leben
von Xavier Coste
Knesebeck
Hardcover, 72 Seiten, farbig, 19.95 Euro

Dieser Lesetipp wurde erstellt von Comickunst–dem Weblog mit aktuellen Rezensionen anspruchsvoller Graphic Novels für Erwachsene: http://comickunst.wordpress.com/.

Der Garten

Der Garten

In Der Garten erzählt die gebürtige Polin Bara die Geschichte eines alten Mannes, der während des Zweiten Weltkriegs etwas getan hat, für das er sich heute schämt. In den 1980er Jahren lebt er mit seiner Familie irgendwo auf dem Land in Polen. Die Zeiten sind schlecht, die Lebensmittel rar, und als der alte Mann den Hahn des Nachbarn ohne dessen Erlaubnis in die Pfanne haut brechen Konflikte auf, die der Alte lieber unter dem Teppich gehalten hätte. Vor allem, als er sich während einer Reise zu einem Garten an die Ereignisse während des Krieges erinnert.

Das Album entstand als Diplomarbeit, mit der Bara ihr Kommunikationsdesign-Studium an der Folkwang-Universität in Essen abschloss. Es ist naturgemäß nicht perfekt. Aber sie zaubert Atmosphären auf die Seiten und Stimmungen in Gesichter und Landschaften, die Freunden ausdrucksstarker Grafik sicher gefallen werden. In der Kolorierung beschränkt sie sich meist auf Brauntöne, die Vergangenheit wird schwarzweiß skizziert und beides gekonnt ineinander verwoben. Die Stärke ihrer Bildsprache zeigt sich unter anderem daran, dass Bara seitenlang ohne Text auskommt und einfach nur die Bilder erzählen lässt. Ein klasse gezeichnetes Album, das Lust auf weitere Arbeiten von ihr macht.

Beispielseite 1
Beispielseite 2
Beispielseite 3
 

Der Garten
Agata Bara
Salleck-Publications
Hardcover, 56 Seiten, 12.90 Euro

Die Kunst zu fliegen

Kürzlich sind wieder mal zwei sehr feine Comics im Berliner Avant-Verlag erschienen. Einer davon ist "Die Kunst zu fliegen" (über den anderen Comic "Atar Gull" später mehr). Eine biografische Graphic Novel im Albenformat mit rund 200 Seiten Umfang, wir wir es von Avant so schätzen. Autor Altarriba hat etwas zu erzählen: die Geschichte seines Vaters, ein Träumer, der Zeit seines Lebens versucht hat, eben diesem zu entfliehen. Geschafft hat er es erst 2001, als er aus dem Fenster des vierten Stocks seines Altersheims gesprungen ist…

Die Kunst zu fliegen

Die wahre Geschichte spielt in Spanien und überspannt einen Zeitraum von 1910-2001, und ist gleichzeitig die Geschichte des Landes und der Verlierer der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Viel zeitgeschichtlich Interessantes gibt es da mitzuerleben. In seinem Heimatland wurde der Comic mit etlichen Preisen bedacht.

Auch zeichnerisch ist der Band sehr überzeugend. Das Autor Altarriba (*1952, seines Zeichens Literaturprofessor) und Zeichner Kim (*1941, Comiczeichner) alte Hasen sind und die beiden selbst über die nötige Lebenserfahrung verfügen, merkt man den Band an, auch wenn es die erste Graphic Novel des Zeichners ist. Empfehlenswert!

Aus dem Pressetext:
Durch die Augen seines Vaters lässt uns Altarriba das spanische Jahrhundert durchleben: das Leid, das der Bürgerkrieg und später die Deutschen über das Land gebracht haben, Exil, Widerstand und das Leben in den Lagern, die Franco-Diktatur und ihr Ende, der wirtschaftliche Aufschwung und das Aufblühen der Demokratie. Altarriba erzählt eine unwahrscheinlich persönliche und zugleich universelle Geschichte über das Erinnern in einem Land, das wie kein zweites versucht, zu vergessen und zu verdrängen.

 

Die Kunst zu fliegen
von Altarriba und Kim
Avant
208 Seiten, Softcover, s/w, 24.95 EUR

O’Boys

Anfang 2011 sorgte eine Neuausgabe von "Huckleberry Finn" von Mark Twain in den USA für einige Aufregung: in der Neuedition wurde an über 200 Stellen das Wort "Nigger" entfernt und durch das Wort "Slave"  (Sklave) ersetzt. Wer das Buch nicht kennt, wird einer solchen "Überarbeitung" ev. noch zustimmen. Wer die Bücher jedoch gelesen und den Sinn erfasst hat weiß, dass diese Bücher weit entfernt von rassistischer Literatur stehen. Ganz im Gegenteil. Mark Twain legte großen Wert auf sprachliche Authentizität. So verwendete er lokale Slangs, die Protagonisten sprachen so wie sie es im richtigen Leben taten. Weiterhin sollte man wissen, dass es in Twains Buch über Huck Finn um Freundschaft zwischen einem Weißen und einem Afroamerikaner ging, und gerade Vorurteile aufgelöst wurden.

Der dritte Band des Südstaaten-Abenteuers O'Boys ist gerade bei der ECC erschienen. Falsch verstandene, an der Oberfläche kratzende "Political Correctness" bleibt uns zum Glück in der Comicreihe erspart.
 

O'Boys 3

O'Boys könnte man in Teilen als eine Hommage an die Geschichten von Mark Twain bezeichnen. So heißt die Hauptfigur genau wie in dem Literaturklassiker Huck Finn, und auch einige alt-bekannte Handlungsdetails wurden in die neue Geschichte eingeflochten. So geht es auch hier um Freundschaft und Freiheit, um Rassismus und Überwindung dessen. Allerdings spielt O'Boys in der Mitte der 1930 er Jahre, und greift weitere Aspekte in der Geschichte mit auf: den Blues und die Kultur der Hobos (Wanderarbeiter und Tagelöhner, die mit Zügen als blinde Passagiere das Land durchstreiften). Vorbild für Hucks afroamerikanischen Freund Charley Williams ist der amerikanische Blues Musiker Robert Johnson, dessen Song Cross Road Blues auch titelgebend für den dritten Band der Comicreihe ist.

Hier sein Song "Me And The Devil Blues" in einer restaurierten Version, der als wesentliche Inspiration für die Handlung der Comicgeschichte diente:

 

Die Geschichte überzeugt vor allem durch ihre Stimmung und Atmosphäre, und die vielen genau recherchierten Details. Einen kleinen Einblick erlaubt dieser Trailer:

 

Und auch wenn es hier und da einen kleinen Anschlussfehler in den Zeichnungen gibt (findet selbst heraus, welche das sind ;)), lassen uns die Bilder ganz wunderbar tief in die Südstaaten während der "Großen Depression" eintauchen. Wir begleiten die Protagonisten in einer Zeit, in der ein Menschenleben nicht viel Wert ist in die kleinen Blues-Clubs in den Käffern der Südstaaten, reisen  mit in den Zügen durch Missouri, machen eine Bootspartie auf dem Mississippi, besuchen Memphis, immer auf der Flucht und gleichzeitig auf der Suche u.v.m..  Die gelungene Geschichte pendelt dabei zwischen nostalgischem Charme und harter, realistischer Erzählung, und verzichtet wohltuend auf Kitsch und Melodramatik.

Eigentlich sollte die Geschichte mit dem dritten Band abgeschlossen sein, und die Story findet auch erstmal eine gutes Ende, ein Hinweis auf der letzten Seite deutet aber darauf hin, dass dieser Dreiteiler erst der erste Zyklus war, und ein weiterer folgen wird.

 

O'Boys
von Philippe Thirault und Steve Cuzor
ECC

Band 1: Das Blut des Mississippi
Hardcover, 64 Seiten in Farbe, 13.95 EUR

Band 2: Zwei Katzen auf dem heißen Blechdach
Hardcover, 56 Seiten in Farbe, 13.95 EUR

Band 3: Midnight Crossroad
Hardcover, 56 Seiten in Farbe, 15.00 EUR

 

Vortrag über Reaktionen nach 9/11 im Comic

Vortrag von Lars von Törne – Termin: Donnerstag, 26. Juli 2012, 19 Uhr – Museen Dahlem

In the shadow of no towers

Lars von Törne, Journalist und Comic-Kenner gibt einen Überblick über die Reaktionen von Comiczeichnern auf die Anschläge des 11. September 2001. Ob Art Spiegelmans Comic-Collage "Im Schatten keiner Türme" oder Sid Jacobsons und Ernie Colóns Graphic Novel "After 9/11" – auf ganz unterschiedliche Weise wurden die Anschläge von 2001, die Veränderungen in der politischen Landschaft und der "Krieg gegen den Terror" im Comic reflektiert. Die Comics visualisieren ein Geschehen, das lange als unvorstellbar galt und kommentieren so die politische Zeit, in der wir leben.

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Packeis

PackeisDie krassesten Stories schreibt doch immer noch das Leben selbst, wie z.B. in dieser Lebensgeschichte. Der erste Mann am Nordpol war Metthew Henson, der dafür Zeit seines Lebens nicht gerühmt wurde – weil er Afroamerikaner war und im Schatten des rücksichtslosen Forschers Peary stand.

Autor und Zeichner Simon Schwartz erregte bereits mit seiner autobiografischen Geschichte "Drüben" einiges an Aufmerksamkeit. Darin erzählt er, wie er mit seinen Eltern aus der DDR nach Westdeutschland ausgewandert ist. Ich schätze "Drüben" besonders, weil es zum einen nicht das Leben in der DDR als "Realfunny" darstellt, wie z.B. viele deutsche Filmemacher dies mit einer gewissen Portion Überheblichkeit getan haben. Zum anderen verzichtet der Autor auf Schwarz-Weiß-Malerei, und zeichnet ein authentisch-wirkendes und sehr persönliches Bild der Situation. Bereits in der vierten Auflage liegt dieses Buch vor, die aktuelle Edition enthält acht Bonusseiten. Wer eine  ältere Ausgabe hat, kann sich die zusätzlichen Seiten auch hier runterladen.

DrübenDrüben
von Simon Schwartz
Avant
Softcover, 120 Seiten, s/w, 14,95 EUR

 

Zurück zum aktuellen Band: In "Packeis" geht es nun um die Geschichte von Metthew Henson. Der Schiffszimmermann begleitete um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert verschiedene Expeditionen des Forschers Robert Peary. Sein pragmatisches Geschick und sein beherztes Auftreten machten ihn zum unverzichtbaren Mitglied des Forscherteams. Am Ende war Henson der Mann, der den Nordpol als erstes betrat. Zugleich ging Henson unter dem Namen Mahri Pahluk in die Sagenwelt der Inuit ein, die in Henson einen Seelenverwandten sahen und mit ihm ihre Geheimnisse teilten.

In Packeis geht es als um Rassismus, Eitelkeiten, Forscherschwindel und auch um Menschenhandel in den USA (sogar noch Anfang des 20. Jahrhunderts – Jahrzehnte nach dem amerkanischen Bürgerkrieg) und auch um die Mythologie der Inuit aka Eskimos. Packeis ist eine gut geschriebene, tragische Geschichte, die in einigen Details von der wahren Geschichte abweicht. Deswegen würde ich das nicht Biografie nennen, es ist eher literarisch, ein Roman mit (sehr vielen und den wichtigen) wahren Eckdaten. Aus den Abweichungen macht der Autor allerdings auch kein Geheimnis – im Anhang des Buches gibt es eine Zeittafel mit allen geschichtlichen Details.

Grafisch setzt Simon Schwartz auf kräftige Outlines, manchmal wirken die Zeichnungen fast wie mit einer Schablone gezeichnet. Dazu kommt eine reduzierte, meist flächige Kolorierung in schwarz, weiß und blau. Ein Zeichenstil, der sicherlich polarisiert, die Erzählung in seiner Klarheit aber gut unterstützt und vorantreibt. Es ist schön zu sehen, wie sich der Künstler entwickelt, der mit "Drüben" ein sehr gutes Debüt hingelegt hat, und nun mit "Packeis" ein noch besseres, noch runderes Werk abliefert. Man darf gespannt sein, was da noch kommen mag…

Packeis
von Simon Schwartz
Avant
Softcover, 176 Seiten, s/w/blau, 19,95 EUR

Aufzeichnungen aus Jerusalem

Gestern Morgen ist nun die Kiste mit dem neuen Delisle bei uns aufgeschlagen. Schön ist er geworden!

Delisles gezeichneten Berichte aus 'problematischen' Ländern wie China, Nordkorea und Birma gehören zu den gefragtesten Büchern unseres Sortiments. Zu Recht, wie ich meine. Ich bin schon auf Euer Feedback zu dem neuen Israel-Band gespannt!

Tsch, tsch macht die Eisenbahn

"Die Deutschen mögen es gerne kurz und knapp". Dies ist nicht das Fazit des Verlegers, sondern eine Bemerkung Alois Nebels zu den wechselnden Namen des Prager Hauptbahnhofes. Denn die deutsche Ausgabe des Comics ist mit über 350 Seiten auch alles andere als kurz geraten – im tschechischen Orignal ist der Comic allerdings in drei Teilen erschienen. Und einer der Teile spielt tatsächlich an diesem Bahnhof und heisst auch so, genauso wie die anderen beiden jeweils nach den Orten benannt sind, die im Moment der Handlung den Lebensmittelpunkt des Helden bestimmen.

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Alois Nebel

Comics aus Osteuropa gibt es hierzulande nicht so viele. Jetzt gibts einen sehr Schönen mehr in deutscher Sprache: Alois Nebel. Die Graphic Novel von Jaroslav Rudiš und Jaromír 99 ist inzwischen auch verfilmt worden und im September 2011 in den tschechischen Kinos gestartet, eine deutsche Fassung steht leider noch aus.

(am Anfang oben könnt ihr links oben auf engl. Untertitel umschalten)

Eine Rezension des Comics im Tagesspiegels findet ihr hier:

Geisterfahrt ins Sudetenland.

Und unsere Besprechung steht dort:

Tsch, tsch macht die Eisenbahn.

Die geheimnisvolle Stadt Brüsel

Seit den 80er Jahren entwerfen die beiden Comicarchitekten François Schuiten & Benôit Peeters die Geheimnisvollen Städte, Comics (man könnte sagen Graphic Novels) über Orte in einer Art Paralleluniversum. Gerade ist im Verlag "Schreiber & Leser" eine Neuedition des Bandes "Brüsel" erschienen. Brüsel, das ist kein Tippfehler, sondern das Pendant zur europäischen Hauptstadt Brüssel.

Brüsel

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