Heute präsentieren wir euch einen Gastbeitrag von Michael Hoffmann, seines Zeichens Comicliebhaber und langjähriger Stammkunde, eine Empfehlung, der wir uns gerne anschließen möchten:
Mäcke Häring, ein Berliner Original
Babylon Berlin, eine Fernsehserie der Superlative, ein Actionthriller, der im europäischen Chicago der zwanziger Jahre spielt und frei die Handlung der genialen Volker Kutscher Romane aufgreift, ist gerade in aller Munde. Das Interesse ist scheinbar gerade groß an der Epoche der Weimarer Republik. Auch Bert Brechts Dreigroschenfilm hat unlängst in den Lichtspielhäusern starbesetzt gestartet. Aber vor diesem Boom gab es schon lange einen Privatdetektiv. Mäcke Häring, den ein wenig an Nick Knatterton erinnernden Ermittler, geschaffen vom Berliner Comiczeichner Michael
Schröter.
Mäcke Häring, ein Comic wie es ihn so nur einmal gibt. Nicht einem bestimmten Genre zuordenbar, unterhaltend und trotzdem realistisch und zeitkritisch, mutig expressionistisch gezeichnet und collagiert, locker einerseits und dennoch auch akribisch andererseits.
Mäcke Häring ist eine liebevolle Studie einer Epoche, die die Schwelle zur heutigen Welt war. In unseren Augen ist alles noch nostalgisch beschaulich und trotzdem hält die moderne Welt Einzug. Musik und Kunst werden frecher und selbstbewusster, und die Frauen emanzipieren sich.
Michael Schröter zeichnet und koloriert ein Zeitbild, das geprägt ist von der Liebe zur amerikanischen Jazzmusik und zur Architektur des guten alten Berlins. Er erzählt Geschichten von Künstlern, Kleinverbrechern und Ringvereingangstern, von Straßenkindern und den kleinen Leuten, die vor gar
nicht langer Zeit in einer doch so anderen Zeit in unserer Stadt Berlin zu Hause waren. Und er lässt auch die ernsten Themen und den drohenden politischen Umbruch hin und wieder anklingen, ohne aber das Genre des Unterhaltungscomics, der Detektivgeschichte mit verlässlich an das Gute und die Lösung des Falles glaubenden Helden aus dem Fokus zu verlieren. Denn bei Mäcke Häring sind die Goldenen Zwanziger mit ihren Tanzrevues und wilden Partys noch in vollem Gang. Mäcke Häring schlägt sich durch, lässt sich nicht unterkriegen, knattert auf dem geliebten Motorrad im Knickerbockeranzug und mit der obligatorischen Schiebermütze gerüstet durch den Berliner Stadtdschungel, organisiert und recherchiert, steckt ein und steht wieder auf und brennt für seine Freundin und seine geliebte Jazzmusik.
Allen, die gerne eintauchen möchten in die Traumwelt des Berlins von gestern, sei hiermit empfohlen nicht nur in die Welt der Filme zu entfliehen, sondern auch Michael Schröters wunderbar nostalgisch anmutende Comicalben als Zeitmaschine zu nutzen.
– Michael Hoffmann